Historie

  • Nach allgemeiner Überlieferung entstand unsere Kleingartenanlage im Jahr 1916, mitten im ersten Weltkrieg. Nach dem, was wir bisher wissen, beruht die Entstehung unserer Anlage – der ersten in Karlshorst – auf einer Schenkung dieses Geländes durch die Eigentümer, die Familie Freiherr von Treskow, an die Schneiderin Minna Palfner als Generalpächterin. Diese wohnte an der Ecke Liepnitzstraße/Traberweg. Sie soll, so wurde überliefert, auf ganz besondere Art mit einem der Herren von Treskow verbunden gewesen sein.


    Doch gibt es für die Bildung unserer Anlage auch noch eine andere Zeitangabe. Denn dreißig Jahre später, im Jahre 1949, erklärte der langjährige Vorsitzende Georg Fischer, dass der Verein am 12. Oktober 1919 als „Verein der Kleingärtner Karlshorst Süd“ gegründet worden sei. Wir können annehmen, dass beide Daten ihre Berechtigung haben.


    Vermutlich wurden die ersten Beete und Parzellen wohl 1916, als Minna Palfner als Generalpächterin wirkte, angelegt. Und das Datum 1919 wird sich auf den Akt der Konstituierung beziehen, die entsprechend den neuen gesetzlichen Grundlagen im Gefolge der Novemberrevolution von 1918/19 möglich und notwendig wurde. Das Terrain, es umfasste das Gelände südlich der heutigen Traberweges (damals Prinz-Friedrich-Wilhelm-Straße) und der heutigen Abschnitte I und II, war damals ein insgesamt recht sumpfiges bzw. morastiges Feuchtgebiet - viel feuchter und nasser, als es in einigen Teilen auch heute noch manchmal ist. Die sogenannten „Wasserparzellen“ in den Wegen 1 und 4 sind nur noch ein Rudiment des damaligen Feuchtgebietes.


    Gelegentlich kam es zu regelrechten Überschwemmungen, die vor allem von der wasserreichen Rohrlake ausgingen, einem Wasserlauf, der aus östlicher Richtung aus der Wuhlheide kommend den heutigen Abschnitt II in Richtung Hoher Wallgraben – Klingenberg – Spree querte und in diese mündete. Zur Zeit der Anfänge unserer Anlage war dieses Gebiet auf den Karten als Busch- oder Heideland verzeichnet, vor allem nass und moorig, bewachsen mit Sträuchern sowie Baumgruppen.


    Erst 1919, nach der Novemberrevolution, entstanden günstigere Bedingungen. Grundlage für das Kleingartenwesen bildete die „Kleingarten- und Kleinpachtlandordnung“ vom 31. Juli 1919 als das Kleingartengesetz. Entsprechend diesen Bestimmungen war es möglich, den Generalpächter auszuschalten und sich als „Verein der Kleingärtner Karlshorst Süd“ mit einer entsprechenden Leitung zu konstituieren. Erster Vorsitzender war – nach seinen eigenen Angaben – Georg Fischer. Mit der Gründung des Provinzialverbandes der Berliner Kleingartenvereine im März 1924 entwickelte sich auch unsere Anlage weiter. Später, das genaue Datum kennen wir nicht, nahm sie den Namen „Laubenkolonie Karlshorst-Süd“ an.


    Im Vereinsverzeichnis des Tätigkeitsberichts des Vorstands des Provinzialverbandes Groß-Berlin im Reichsverband der Kleingartenvereine Deutschlands für das Jahr 1929 ist unser Verein als „Karlshorst-Süd“ verzeichnet. Man muss überhaupt darauf hinweisen, dass sich damals, aber auch in der folgenden Zeit die genaue Bezeichnung der Anlage manchmal änderte bzw. bei Verwendung des Namens nicht immer ganz exakt verfahren wurde.


    Die Pächter unserer Anlage mühten sich Gemüse und Obst anzubauen, um auf diese Weise ihre Existenzgrundlage zu verbessern. Das erwies sich besonders während der Inflation 1923 und der verheerenden Weltwirtschaftskrise 1929 bis 1933 als wichtig. Der Aufenthalt und die Betätigung im Garten waren zudem – insbesondere für die Kinder – ein gewisser Ausgleich für die oft sehr ungesunden Wohnverhältnisse. Auch damals gab es Diskussionen und sich wandelnde Vorschriften über das Dauerwohnen, über die Nutzung der Lauben zu Wohnzwecken, über die Größe der Parzellen und der Lauben.


    Groß war die Wohnungsnot. 1930 besaßen von den rund 70.000 organisierten Berliner Kleingärtnerfamilien 5 Prozent keine eigene Wohnung bzw. lediglich eine Wohnlaube und 38 % nur eine 1–1,5 Zimmerwohnung. 43 Prozent hatten demnach keine oder eine völlig ungenügende Behausung. „Einschließlich der vielen Kleingärtner, die nicht im Provinzialverband organisiert waren, lebten im Winter 1932/33 – während der Weltwirtschaftskrise und bei hoher Arbeitslosigkeit – etwa 35.000 Familien als Dauerwohner in Lauben, d. h., ca. 27 % der 130.000 Berliner Kleingärtnerfamilien.“ Es musste der Kampf geführt werden für die Erlangung bzw. Anerkennung der Gemeinnützigkeit sowie des Status einer Dauerkolonie sowie für erschwingliche Pachtzinspreise.


    Welches Bild die Parzellen unserer Anlage damals abgaben, ist nicht mehr genau nachvollziehbar. Man kann sich heute kaum vorstellen, wie es auf diesem Gelände, das etwa den heutigen Abschnitten I und II sowie einem Teil der jetzigen Parkanlage und der bebauten Fläche an der Lehndorffstraße und am Hohen Wallgraben entsprochen haben dürfte, aussah. Nach einer uns vorliegenden undatierten Niederschrift, deren Autor nicht bekannt ist, sollen in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts etwa 250 Familien sich auf diesem Terrain eingerichtet haben. Daraus können wir ersehen, dass es sich zumeist um recht kleine Parzellen gehandelt haben muss. Damals gab es auch in Gestalt der bereits erwähnten Rohrlake, die in manchen Karten vollständig oder zu einem Teil auch als Hoher Wallgraben bezeichnet wird, eine offene Wasserverbindung zwischen der Wuhlheide und der Spree. Im Winter konnte auf dem Eis Schlittschuh gelaufen, im Sommer gerudert werden.


    Auch soll es eine kleine Badestelle gegeben haben, vielleicht im jetzigen Abschnitt I.


    In den zwanziger Jahren wird unsere Anlage selten genannt. Offensichtlich gehörte sie zu denen, die schwach organisiert waren und noch um ihre Festigung und ein aktives Vereinsleben rangen. So heißt es in einem Bericht über die Delegiertenversammlung des Bezirksverbandes Lichtenberg am 8. August 1927: „Hellmer von Karlshorst-Süd möchte wissen, welche Schritte er unternehmen kann, um das Organisationsverhältnis in seinem Verein zu verbessern. Hier sind die bestehenden Einzelpachtverträge ein großes Hindernis.“ Wie berichtet wurde, soll seit der Inbetriebnahme des Wasserwerkes Wuhlheide 1914 und der Steigerung seiner Förderleistung in den zwanziger Jahren die Vernässung des Geländes unserer Anlage stark zurückgegangen sein. Vermutlich Ende der zwanziger Jahre begann die Leitung der Anlage das Gelände neu bzw. umzugestalten. Vielfältige Arbeiten wurden in Angriff genommen, um ihr ein einheitliches und geschlossenes Aussehen zu verleihen. Dabei galt es gegen vielerlei Schwierigkeiten anzukämpfen, und offensichtlich ist dieses Ziel nur bedingt erreicht worden.


    Die Eintragung des Vereins in das Vereinsregister erfolgte nach Mitteilung des damaligen Vorsitzenden Georg Fischer im Mai 1930. Damals wünschten viele Pächter, dass die Anlage als Dauer-Kleingartenanlage anerkannt würde. Das wurde jedoch 1931 von den Behörden abgelehnt. Wie es heißt, gelang es in der Folge mit Unterstützung durch den Reichsverband der Kleingärtner, der lokalen Presse und der Gartenarchitekten Scheel und Müller, die Anlage weiter umzugestalten.


    Was den Zustand unserer Anlage zu Beginn der dreißiger Jahre angeht, so ist uns ein vom damaligen Vorsitzenden Georg Fischer gezeichneter Plan der „Laubenkolonie Karlshorst – Süd“ vom 3. Februar 1933 erhalten – der einzige Lageplan, der aus den ersten Jahren überliefert ist. In ihm ist auch noch die Struktur bis Juli 1936 vermerkt. Aus diesem einzigartigen Dokument ist ersichtlich, dass die Anlage sich ursprünglich von der Prinz-Friedrich-Wilhelm-Promenade, dem jetzigen Traberweg, aus über das heute mit Wohnhäusern bebaute Gelände entwickelt hat. Von der Promenade führten, soweit ersichtlich, fünf Gartenwege nach Süden in Richtung Wald etwa bis zu den heutigen Wegen 11 und 12 sowie bis zum heutigen Hohen Wallgraben. Zum Teil waren diese Wege, die sich offenbar ziemlich willkürlich herausbildeten, miteinander verbunden.


    Das deckt sich mit der Verlautbarung in einer 1933 erschienen Schrift. In ihr heißt es über die künftige Entwicklung, dass man die Ausdehnung der Siedlung in Richtung unserer Anlage im Auge hatte: „So ist geplant, das Gelände südlich der Promenade (gemeint ist der Traberweg), auf dem sich bisher einfache Wohnlauben ausdehnten, zu einer Art Villengelände mit Kleinwohnungsbauten umzugestalten, wobei aber in der Mitte eine recht ausgedehnte Grünfläche für Spielwiesen und Sportplätze, resp. Parkanlagen erhalten bleiben wird. Es ist zu begrüßen, dass dieses Gelände, das zuerst mit Hochhäusern bebaut werden sollte, nunmehr durch die städtischen Behörden als Villen- Baugelände festgelegt worden ist und mithin nur in offener Bauweise mit Villen bebaut werden darf.“


    In der Zeit des Hitlerfaschismus wurde auch die Organisation der Kleingärtner gleichgeschaltet. Unser Verein wurde 1934 mit anderen Karlshorster Vereinen des südlichen Ortsteils zur „Kleingärten-Vereinsgruppe Karlshorst-Süd e.V.“ zusammengeschlossen. Der Verein der Kleingärtner wurde im Mai 1935 gelöscht und die Vereinsgruppe ebenfalls in das Vereinsregister eingetragen. Unsere Anlage sollte ein Vorbild, eine faschistische Musteranlage werden. Gemeint waren gleichartige Lauben und übereinstimmende Gestaltung der Gärten. Vom 22. Juni 1939 stammt ein Lageplan für den Abschnitt I, so wie er sich auch heute darstellt. Vom 29. August 1939 sind Musterzeichnungen für zehn Quadratmeter große Typenlauben und vom 6. November Zeichnungen für die Errichtung von fünfundzwanzig Quadratmeter großen Typenlauben Nr. 2 mit Tierhaltung überliefert. Noch vom 9. Februar 1940 – ein knappes halbes Jahr nach dem Überfall Hitlerdeutschlands auf Polen – gibt es einen Musterplan für die einheitliche Gestaltung der Parzellen 36, 38, 40, 42, 46, 58, 52, 54, 56, 60, 62, 74, 68, 70, 72, 76, 78. Das Umfeld sollte einen parkähnlichen Charakter erhalten. An all dem wurde von 1938 bis 1942 gearbeitet. Ab 1938 wurde der Abschnitt I mit Bodenaushub verfüllt. Hier ist zu erwähnen, dass ab 1937 auch die zweite Etappe des Aufbaus der Waldsiedlung begonnen hatte. In den dreißiger Jahren nahm unsere Anlage den Namen „Stallwiese“ oder „Stallwiesen“ an. Ein genaues Datum konnte dafür nicht ermittelt werden. Sicher ist, dass Anfang Januar 1939 unsere Anlage den Namen „Karlshorst-Süd-Dauerkleingartenanlage Stallwiese“ trug und – nach seinen Angaben – Georg Fischer bis November 1942 ihr Vorsitzender war. Der zweite Weltkrieg machte dann auch viele der Vorhaben zur Gestaltung der Anlage und ihres Umfeldes zunichte. Sie wurden eingestellt.


    Doch nicht nur das: Rings um unsere Gärten brachte der Krieg erhebliche materielle Zerstörungen und forderte auch Menschenleben, wovon einige Karlshorster Einwohner berichten: Sowohl in der Waldsiedlung als auch im Viertel zwischen Lehndorffstraße/ Traberweg und Wandlitzstraße wurden Häuser zerstört oder beschädigt. Ob auch Bomben auf unserem Gelände niedergingen oder ob es bei Granatsplittern geblieben ist – wir wissen es nicht.


    In jenen schweren Jahren litten die Berliner vor allem unter den häufigen Luftangriffen nachts und am Tage, durch das Geheul der Sirenen, das Flakfeuer, die Detonationen der Bomben, den durch Brände erhellten Himmel. Zugleich bemühte man sich, die Versorgung durch den Anbau von Gemüse und Obst aufzubessern. Oft schuf man in den Gärten auch behelfsmäßig Wohnmöglichkeiten für Ausgebombte oder zog in die Lauben, in der Hoffnung, hier vor Bombenangriffen sicherer zu sein als in den innerstädtischen Wohnvierteln. So entstanden auch in unserer Anlage während des Krieges Wohnlauben bzw. wurden bestehende durch Anbauten erweitert. Doch darüber ist kein Material überliefert, und mündliche Erinnerungen gibt es wie auch für die folgende Zeit nur sehr wenige. In einem Schreiben des Vorstands vom 19. Mai 1951 an das Gartenamt Lichtenberg wird erklärt, dass unserer Dauergartenkolonie für die Zeit bis Mitte 1945 durch Kriegseinwirkung sämtliche Unterlagen verlorengegangen waren.   


    Im April 1945 näherte sich die Front der Hauptstadt. Der Krieg, der hier entworfen worden und noch, als er schon verloren war, von der Naziführung ohne Rücksicht auf die Menschen, auf Städte und Dörfer, fortgesetzt wurde, kehrte auf furchtbare Weise zu seinem Ursprung zurück. In diesen Wochen, da der Herrschaftsbereich der Hitlerfaschisten so enorm geschrumpft war und von Tag zu Tag kleiner wurde, waren die meisten Menschen stärker als zuvor mit Ungewissheit über das Kommende und mit Furcht vor Vergeltung erfüllt. Aber viele hegten auch die Hoffnung, dass es nun mit Verfolgung und Terror, mit der Angst vor Verwundung und Tod bald vorbei sein möge, empfanden diese Zeit als Befreiung und Aufbruch in eine bessere Zukunft. In der Nacht zum 22. April 1945 stießen Vorausabteilungen des 9. Korps der vom späteren Stadtkommandanten Generaloberst E. Bersarin geführten 5. Stoßarmee nach Karlshorst vor. In einem Buch über die Schlacht um Berlin heißt es über Kämpfe in unserer Nähe: „Eine Einheit der SS-Panzergrenadierdivision ‚Nordland’ grub sich in der Nähe der Trabrennbahn ein und brachte hier ihre Granatwerfer in Stellung. Aber es dauerte nicht lange, und sie gerieten auch hier unter heftiges Artilleriefeuer. Pfeifend und heulend schlugen die russischen Granaten in die Stallgebäude und Tribünen ein.“ Sowjetische Panzer drangen über die Pferderennbahn vor, die SS zog sich nach Niederschöneweide zurück. Nach erbitterten Gefechten war Karlshorst am 23. April vollständig eingenommen. Am 5. Mai erklärte die Rote Armee große Teile von Karlshorst nördlich der Bahnlinie zum Sperrgebiet – nur die Treskowallee blieb offen. Die dort lebenden Menschen mussten in kürzester Zeit ihre Wohnungen verlassen. Wenige Kilometer von unseren Gärten entfernt, erfolgte am 8. Mai 1945 im Casinogebäude der ehemaligen deutschen Festungspionierschule in Karlshorst ein historischer Akt: die Unterzeichnung der Urkunde der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Streitkräfte gegenüber dem Oberkommando der Roten Armee und dem Oberkommando der Alliierten Expeditionskräfte.

    Nur fünf Wochen danach finden sich unsere Kleingärtner zusammen. Die erste Verlautbarung nach dem Kriegsende ist vom 9. Juni 1945 datiert. In einer am 11. Juni ausgehängten Bekanntmachung gibt Arthur Hoffmann vom Block E-Werk, Rosenweg 64, den Kleingärtnern zur Kenntnis, dass er zum kommissarischen Vereinsgruppenleiter ernannt worden ist. In Vertretung von Hoffmann lädt Hugo Metke gleichfalls am 11. Juni zur Mitgliederversammlung am Sonnabend, den 16. Juni 1945, 20 Uhr auf die Parzelle 40 (Sellin) ein. Von dieser Versammlung ist uns auch die Anwesenheitsliste erhalten. Von 44 Anwesenden wird die Frage, ob sie Mitglied der NSDAP, der SA oder SS waren, nur von drei bejaht. Hugo Metke teilt als Zweck der Versammlung mit, dass es sich um die Neugründung des Vereins Stallwiese handele, wie er vor 1933 bestanden habe. Auf Vorschlag werden die bestehenden 82 Parzellen unter dem Namen Stallwiese II zusammengefasst. Im Protokoll ist weiter vermerkt: „Es wurde bekannt gegeben, dass Pächter, die der NSDAP angehörten oder dessen Gliederungen ohne Entschädigung ausscheiden müssen.“


    Doch waren und wurden wir auf andere Weise von Veränderungen berührt: Mancher von den Älteren erinnert sich vielleicht noch daran, dass in der ersten Zeit nach Kriegsende Versammlungen von der sowjetischen Kommandantur genehmigt sein mussten. Bereits am 5. August 1945 findet die zweite Mitgliederversammlung mit 37 Teilnehmern im Lokal Flöter statt. Die Tagesordnung ist bereits sehr umfangreich und zeugt davon, wie schnell und in welcher Breite sich das Kleingartenleben entwickelt. Die dritte Versammlung mit 44 Teilnehmern wird am 10. Februar 1946 wiederum im Lokal Flöter durchgeführt. Kritisiert wird die schlechte Beteiligung an den vorangegangenen Versammlungen. Besprochen werden die Mieten für bewohnbare Lauben. Einstimmig beschließt die Versammlung, dass neue Zuweisungen nicht mehr erwünscht sind. In der fünften, der Generalversammlung am 1. September 1946 im Lokal Hubertus in der Edisonstraße sind 52 Mitglieder anwesend. Nach den Berichten des Vorstands (Hugo Metke), des 1. Kassierers (Heinrich Halle) und der Kassenrevisoren (Hermann Kahl) erfolgt die einstimmige Wiederwahl des bisherigen Vorstands. Es wird beschlossen, Wegewarte zu wählen. Jedem Mitglied wird anheimgestellt, dem Vorstand den Bedarf an Saatgut, Bäumen, Sträuchern und Düngemitteln bekanntzugeben. Auf der sechsten Mitgliederversammlung am 27. Oktober 1946 mit 40 Teil-nehmern erneut im Lokal Hubertus, Edisonstraße, wird die Wahl von zehn Wegewarten mitgeteilt und zur Einreihung der Brachlandpächter, die vor allem am westlichen Rand der Anlage in Richtung Hegemeisterweg Parzellen anlegten, Stellung genommen. Das wilde Bauen auf den Parzellen ist generell verboten.  


    Die Kleingärtner der „Stallwiese“ sind in den ersten Nachkriegsjahren mehr denn je bemüht, ihre Versorgung durch Anbau von Gemüse und Obst aufzubessern. Das entspricht auch dem Beschluss des Parteivorstandes der SED vom 14. Mai 1946, in dem unter anderem gefordert wird: „Verstärkung der Erwerbsgartensiedlung, Förderung und Organisation der Kleingärtner, Kleinsiedler und Kleintierzüchter.“ Hieran erkennen wir, dass damals aus der Not geboren die intensive kleingärtnerische Nutzung ein vordringliches Anliegen jedes Kleingärtners und des Wirkens des Vorstandes und aller Funktionäre ist, so wie das bis zum heutigen Tag in modifizierter Form weiter gilt. Die Älteren von uns können sich noch des allgemeinen Mangels und des Hungers erinnern. Jeder Quadratmeter wird für den Anbau von Gemüse genutzt, jedes Stück Obst verwertet. Materialien zur Instandsetzung der Lauben, Zäune und Wasserleitungen fehlen. Jeder Nagel, jede Schraube, jedes Brett und jeder Ziegel werden gebraucht, um die Gärten zu gestalten, die Lauben zu erhalten bzw. zu errichten. Nach dem Krieg zählt unsere Anlage 82 Parzellen von Dauerpächtern – nicht zu verwechseln mit Dauerbewohnern. Außerdem gibt es 29 Parzellen von Brachlandpächtern. Deren Flächen auf einem ursprünglich vor allem mit Kiefern bestandenen Teil des jetzigen Abschnitts III dienen dem Anbau von Gemüse und Kartoffeln.


    1946 und 1947 bemüht sich der Vorstand, bei der Lösung einiger Probleme voranzukommen. Er befasst sich mit der ordnungsgemäßen Bearbeitung der Parzellen sowie der Instandsetzung der Zäune, der Unterhaltung und der Reparatur der Wasserleitungen sowie dem Wasserverbrauch, der pünktlichen Zahlung der Pacht, der Beschaffung von Saatgut, der Schädlingsbekämpfung, der Feuerversicherung, dem Vertrieb der Fachzeitschrift „Der Kleingärtner und Siedler“, der Erstattung der Raten für das Reichsdarlehen aus den Kriegsjahren an das Bezirksamt, der Durchführung von Nachtwachen zur Verhinderung von Diebstählen und Einbrüchen, der Erfassung der Brachlandpächter und der Gestaltung ihrer Parzellen. Neue Pachtverträge und Mitgliedsausweise werden ausgegeben. Die Mitgliederversammlung am 3. August 1947 nimmt einstimmig die „Vereinssatzungen“ an. Am 24. August des selben Jahres führt der Verein sein erstes Kinderfest nach dem Krieg durch. Allmählich nimmt die Anwesenheit zu den Mitgliederversammlungen zu.


    Zur Generalversammlung der „Dauergarten-Kolonie Stallwiese“ am 16. November 1947 sind 74 Mitglieder anwesend. In seinem Bericht stellt der Vorstand fest, „dass die Arbeiten im Verein gut, die Parzellen in Ordnung sind und wir nur eine Kündigung wegen schlechter Bearbeitung der Parzelle hatten. Die Zusammenarbeit mit unseren Brachlandpächtern ist gut und sehr rege. Unsere Kolonie Stallwiese, die so ziemlich unbekannt war, ist nun mehr in Erscheinung getreten und wird nach außen hin mehr bekannt... Auf der Mitgliederversammlung mit 85 Anwesenden am 15. Februar 1948 wird erstmals über das Legen einer elektrischen Leitung diskutiert und die weitere Bearbeitung dieser Frage durch einen Ausschuss festgelegt. Für den 6. Juni 1948 ist eine Gartenbegehung vorgesehen, in deren Ergebnis wird drei Gartenfreunden gekündigt. Auf der Jahreshauptversammlung am 21. November 1948 erfolgt die Wahl des Vorstands. Einstimmig werden gewählt zum 1. Vorsitzenden Hugo Metke, zum 2. Vorsitzenden Emil Zeis, zum Kassierer Heinrich Halle und zum Schriftführer Richard Albrecht.


    1949 beginnen Überlegungen zur Ausarbeitung von Regelungen für die Wasserentnahme und zur Einführung einer neuen Gartenordnung. Am 10. September 1949 findet im Restaurant Riesch in Karlshorst eine außerordentliche Mitgliederversammlung statt. In ihr geht es vor allem um die Frage der Eintragung des Vereins in das Vereinsregister. In Absprache mit dem Bezirksverband war der 1. Vorsitzende Hugo Metke mit diesem übereingekommen, „von der Eintragung in das Vereinsregister abzusehen, da zunächst nicht damit zu rechnen sei, dass die Kleingartenvereine als gemeinnützig anerkannt werden“.


    Inzwischen vollzieht sich allmählich eine weitere Normalisierung des Lebens auch in unserer Nähe. Von den 1945 in Karlshorst ausgesiedelten Bewohnern können viele 1948 in ihre Wohnungen zurückzukehren. In der Mitgliederversammlung der „Dauergarten-Kolonie Stallwiese Karlshorst“ am 27. November 1949 wird mitgeteilt, dass die Anlage keine Steuern entrichten muss.


    Wiederholt treten vor allem im unteren Abschnitt der Anlage Schäden an der Wasserleitung auf. Im Januar 1950 wird nun mitgeteilt, dass das Gartenamt bereit ist, in diesem Abschnitt eine Leitung legen zu lassen, das heißt, das Material zu liefern und die Kosten für die Montage zu übernehmen. Die Erdarbeiten sollen vom Verein durchgeführt werden. Dieses Vorhaben wird 1950 realisiert. 1951 werden die alten Pachtverträge durch neue ersetzt. In diesem Jahr ergehen auch erste Aufrufe zu Wettbewerben um die ordentliche Gestaltung der Gärten. Ärger bereitet damals schon das Befahren der Wege an und in der Anlage durch Fahrzeuge aller Art. Deutlich treten verstärkte Anstrengungen hervor, Ordnung und Aussehen der Anlage zu verbessern. Laut Anordnung des Magistrats sollen die Grabelandparzellen bis zum 31. Oktober 1951 geräumt werden. Für 1952 ist vorgesehen, mit Mitteln des Magistrats die Anlage entlang dem Hegemeisterweg einzuzäunen.


    Es dürfte auch für den heutigen Kleingärtner von Interesse sein, wie es damals mit Kündigungsgründen aussah. Dies sind, wie in einer Funktionärsberatung am 18. August 1951 mitgeteilt wird, folgende: Rückstände an Pacht und Beiträgen, grobe Pachtpflichtverletzungen wie: Verweigerung der Gemeinschaftsarbeiten, Verweigerung der genehmigten Umlagen, vertragswidrige Nutzung, Diebstahl, volksschädliches Verhalten, Störung des Vereinsfriedens, dringender Bedarf an der Parzelle im Interesse des Gemeinwohls. In besonders schwerwiegenden Fällen von Diebstahl, Störung des Vereinsfriedens und volksschädigendem Verhalten ist die fristlose Kündigung zulässig. Betont wird, dass keine Parzelle vom Unterpächter eigenmächtig ohne Genehmigung des Vorstandes und der Mitgliederversammlung weiter vergeben werden darf.


    Eine Neuwahl des Vorstands erfolgt in der Mitgliederversammlung am 20. Januar 1952, da Emil Zeis und Heinrich Halle aus gesundheitlichen Gründen nicht wieder kandidieren. Zum 1. Vorsitzenden wird Richard Mai gewählt, zum 2. Vorsitzenden Georg Fischer, zum 1. Kassierer Horst Meyer und zum Schriftführer Ewald Frankiewicz. Die Mitgliederliste der „Dauerkleingartenanlage `Stallwiese`“ Berlin-Karlshorst vom Juni 1952 weist 82 Parzellen aus, davon gehören fünf Dauerbewohnern. 1952 liegen „Richtlinien über die Anlage der Kleingärten in der Dauerkleingartenanlage-Stallwiese in Bln.-Karlshorst Süd“ vor, in etwa vergleichbar mit unserer jetzigen Gartenordnung. Für das Jahr 1953/54 werden in den Vorstand gewählt Richard Mai als 1. Vorsitzender, Georg Fischer als 2. Vorsitzender, Horst Meyer als 1. Kassierer, als seine Vertretung Charlotte Gampe, als Schriftführer Max Fischer.


    Mit Schreiben vom 23. März 1953 an das Grünplanungsamt des Bezirks Lichtenberg weist unsere Anlage darauf hin, dass durch die Zuschüttung des Seeparks und die Außerbetriebsetzung des Wasserwerkes Wuhlheide sich ein „enorm hoher Grundwasserstand“ entwickelt hat, der nicht nur unserer Anlage, sondern auch den anliegenden Häusern schadet. Der Vorstand führt in einem Schreiben an den Rat des Stadtbezirks Lichtenberg auch Klage darüber, dass die Grünanlage um unsere Anlage „vollständig verwildert“ sei, „da sie seit 1945 noch nicht gepflegt“ worden sei und den Kleingärtnern verboten ist, die Anlage selbst auszulichten. „Ein Auslichten und Schneiden der Sträucher ist unbedingt notwendig, da die öffentlichen Wege schon zuzuwachsen beginnen und die wilden Rosensträucher eine Gefahr für die Spaziergänger und Kinder bedeuten ... Vielleicht ist es möglich, die Gärtner, die am Seepark arbeiten, für diese Arbeit einzusetzen, denn u.E. sind sie nicht voll ausgelastet.“


    1953 wird das unserer Anlage gegenüberliegende Areal – rund 30 Hektar – sowjetisches Militärgelände mit Kasernen, Garagen, Wartungshallen, Baracken, Schießanlagen, einem Exerzierplatz, einer Tankstelle und einer Verkaufseinrichtung, dem „Magazin“, in dem auch die deutsche Bevölkerung einkaufen kann. Später wird noch ein Wohnblock für sowjetische Offiziersfamilien errichtet. Im Wald südlich des Hegemeisterweges befindet sich ein sowjetisches Depot mit Wachturm. Das ehemalige Hospital ist weiter sowjetisches Lazarett. Am 20. Dezember 1953 bekundet die Jahreshauptversammlung einstimmig ihre Bereitschaft, „im Zuge des neuen Kurses unserer Regierung, zur Wiederherrichtung der Dauerkleingartenanlage `Stallwiese` mit Unterstützung vom Rat des Bezirks Lichtenberg, Abt. kommunale Wirtschaft – Kleingartenwesen – im Nationalen Aufbauprogramm 1954 mit zu helfen“, und bittet, die Anlage in das Aufbauprogramm mit aufzunehmen. Diesem Ersuchen wird stattgegeben.


    1959 erfolgt die Gründung des Verbandes der Kleingärtner, Siedler und Kleintierzüchter der DDR. Die einzelnen Anlagen sind als Sparten Mitglieder dieses Verbandes, mit dessen Schaffung die Entwicklung des Kleingartenwesens vorankommt. Es geht darum, die Bedingungen zu verbessern, um die Erträge zu steigern und den Wert der einzelnen Gärten und der Anlagen insgesamt für Erholung und sinnvolle Freizeitgestaltung zu erhöhen. Aus der uns überkommenen Mitgliederliste für 1961 geht hervor, dass sich die Zahl der Parzellen und der Dauerbewohner mit 82 bzw. fünf gegenüber 1952 nicht verändert hat. 1. Vorsitzender ist weiter Richard Mai, 2. Vorsitzender Kurt Anders. Horst Meyer wird weiter als Kassierer geführt, Schriftführerin ist nunmehr Christel Härtel. Am 21. Oktober 1966 begehen die Mitglieder auf einer festlichen Veranstaltung in der HO Gaststätte Rennbahn den 50. Jahrestag des Bestehens der Anlage. In der zweiten Hälfte der sechziger Jahre wird in der DDR die Fünftage-Arbeitswoche eingeführt. Dieser Fortschritt wirkt sich ebenso wie damals erfolgte Verlängerungen des Urlaubs auch für das Wirken der Kleingärtner förderlich aus, indem mehr Freizeit zur Verfügung steht. Viele unserer Mitglieder beteiligen sich daran, an der Hermann-Duncker-Straße (jetzt wieder Treskowallee) aus einer alten Baracke das Versammlungszentrum des VKSK Berlin entstehen zu lassen. In diesem finden auch wir uns zu Versammlungen und fröhlichen Feiern zusammen. Auf diesem Gelände befinden sich außerdem die Räume des Kreisvorstandes Lichtenberg des VKSK. Später entsteht noch eine große Halle, in ihr und auf dem Freigelände werden Ausstellungen durchgeführt und können wir zu Verkaufsmessen Pflanzen, Obstbäume und Gerätschaften erwerben. Die Mitgliederversammlung am 21. Februar 1970 wählt zum Vorsitzenden Richard Mai, zu seinem Stellvertreter Paul Thormann, zur Schriftführerin Christel Härtel. Kassierer unserer Anlage sind Erich Beldner von 1970 bis 1977 und Dr. Erich Richter 1978 und 1979. Mit Datum vom 1. August 1970 informiert der Vorstand jeden Parzellenbesitzer über die Notwendigkeit, eine neue Wasserleitung zu legen. Im Schreiben heißt es: „Was wir seit langem befürchteten ist jetzt eingetreten. Unsere Wasserleitung im oberen Abschnitt, welche über 50 Jahre liegt, ist vollkommen hin.“ Der Vorstand kündigt die dazu einzuleitenden Maßnahmen an.

    In den siebziger Jahren vollzieht sich im Zusammenhang mit dem großangelegten sozialpolitischen Programm der SED eine umfassende Aufwertung des Kleingartenwesens. Das hat auch für unsere Anlage direkte Auswirkungen.


    So beginnt 1973 eine neue Etappe in der Geschichte unserer Anlage. Dank der Beschlüssen des Magistrats die sich für Erschließung des Abschnitts III einsetzt und bis 1978 weitere 43 Parzellen am Rand des Waldes geschaffen werden. Damit erhält unsere Anlage ihre jetzige Gestalt.


    Im von Klaus Thiergart als 2. Vorsitzenden gegebenen Rechenschaftsbericht des Vorstandes vom 17. Januar 1976 über die Jahre 1971 bis 1975 wird mitgeteilt, dass die Ernteerträge um 25 Prozent gesteigert werden konnten. Weiter heißt es: „Wir haben ... die alten Blech- und Holzzäune entfernt und auf einen einheitlichen Maschendraht umgestellt, wir haben die Eingangstore erneuert, Lauben ausgebessert oder neue Lauben gesetzt, alte Geräteschuppen abgerissen. ... Auf den zwei Gartenbegehungen konnte eine weitere positive Entwicklung der Gärten festgestellt werden. So konnte ein Drittel der Gärten mit ‚sehr gut’, die Hälfte der Gärten mit ‚gut’ bewertet werden. In den restlichen 17 Gärten muss allerdings noch einiges zur positiven Umgestaltung getan werden.


    Im Wettbewerb der Lichtenberger Anlagen belegen wir mehrere Male vordere Plätze. 1976 erringen wir für „hervorragende Leistungen im sozialistischen Wettbewerb“ sogar den 1. Platz. Wir werden als hervorragendes Spartenkollektiv geehrt und 1980 wird unsere Anlage erstmals als „Staatlich anerkanntes Naherholungsgebiet“ ausgezeichnet.


    Besondere Verdienste erwerben sich um die Entwicklung der „Stallwiese“ in jenen Jahren die manchen von uns noch persönlich bekannten Vorsitzenden Richard Mai, in dieser Funktion tätig von 1952 bis 1976, und Paul Thormann, von 1976 bis 1980. Ihm folgt unser Gartenfreund Manfred Ruschke. Er, der bereits seit 1975 Schriftführer war, leitet die Geschicke unserer „Stallwiese“ von 1980 bis 2004, also fast ein Vierteljahrhundert und hat an ihrem Werdegang hervorragenden Anteil. Dass er unserer Anlage einen solch langen Zeitraum vorstehen würde – das hat er sich bei Beginn seiner Tätigkeit als 1. Vorsitzender gewiss nicht vorstellen können.


    In den achtziger Jahren führen wir eine weitere wichtige Maßnahme durch: Im Frühjahr 1983 kann die Elektrifizierung der gesamten Anlage abgeschlossen werden. Bis zu jenem Zeitpunkt sind nur 18 Parzellen mit Strom versorgt, die meisten Gartenfreunde machen abends „Dämmerstunde“, sitzen bei Kerzenlicht und kochen ihr Kaffeewasser auf Propangaskochern. Und der Rasen wird bis dahin mit mechanischen Mähern geschnitten. So bequem und zum Teil luxuriös wie heutzutage geht es damals nicht zu - aber trotzdem ist es eine schöne Zeit. Die Elektrifizierung ist ein anspruchsvolles und aufwendiges Unternehmen, nicht frei von Risiken. Der Wert der für die Energieversorgung erbrachten Leistungen an Material und Arbeitsstunden außerhalb unserer Anlage beläuft sich auf 3,5 Millionen Mark der DDR, die Leistungen innerhalb der Anlage werden finanziert durch Eigenbetrag in Höhe von 500,- Mark und außerdem sollen 100 Arbeitsstunden zu jeweils 5,- Mark pro Parzelle geleistet werden. Für 21 Gärten, die bereits an das Stromnetz angeschlossen sind, gelten Sonderregelungen. Diese gewaltige Aufgabe kann nur realisiert werden, weil sich die Mitglieder unserer Anlage intensiv einsetzen. Erinnern wir uns an die Schachtarbeiten für die Kabeltrasse von den Wegen 11 und 12 über den Hohen Wallgraben und die Sadowastraße bis zur Ecke Hegemeisterweg/Liepnitzstraße sowie an die Aushebung der Anschlüsse und der Gräben auf den Parzellen selbst sowie an den Bau der Trafostation. Alles, was wir selbst tun können, erbringen wir in Eigenleistung. Diese enorme Leistung wird erzielt dank unseren eigenen Anstrengungen und weil wir die Unterstützung der zuständigen Stellen haben. Vor allem ist dieser Erfolg dem unermüdlichen Einsatz unseres damaligen Vorsitzenden Manfred Ruschke und der tatkräftigen Mithilfe unseres damaligen Kassierers Karl-Heinz Ende, der Wegewarte, der Baukommission und allen anderen beteiligten Mitgliedern des Vereins zu danken. Manfred Ruschke drängt immer wieder, dass es vorangeht und Schwierigkeiten überwunden werden. Karl-Heinz Ende sorgt stets dafür, dass sparsam gewirtschaftet wird, dass wir immer „flüssig“ sind und die notwendigen finanziellen Reserven besitzen.

     

    Mit dem Anschluss der DDR an die BRD 1990 und der Zugehörigkeit zum „Landesverband Berlin der Gartenfreunde“ seit 1991 treten auch im Leben unserer Anlage gravierende Veränderungen ein. Aus diesen ergeben sich neue Anforderungen insbesondere für den Geschäftsführenden Vorstand, in den am 4. Dezember 1993 gewählt werden Manfred Ruschke als 1. Vorsitzender, Dr. Eckhard Trümpler als 2. Vorsitzender, Karl-Heinz Ende als Kassierer und Manfred Hamann als Schriftführer.


    Zuerst ist es notwendig, dass wir uns wieder als selbstständiger Verein konstituierten. Das findet seinen Abschluss mit der Eintragung in das Vereinsregister beim Amtsgericht Berlin-Charlottenburg am 16. Mai 1994, nachdem bereits am 28. Juni 1990 die Eintragung in das Vereinsregister Berlin-Mitte erfolgt war. Das ist mit vielen Überlegungen und Diskussionen verbunden und erstreckt sich über längere Zeit. Am 4. Dezember 1993 beschließt die Mitgliederversammlung einstimmig die Satzung unseres Vereins, und im Mai 1994 wird noch die Gartenordnung verabschiedet.


    Aus dem nun für uns geltenden Bundeskleingartengesetz und seiner Überleitung in den neuen Ländern sowie aus Bestimmungen, die der Berliner Senat erlässt, ergeben sich für uns viele neue Aufgaben und manche Fragen. In den neunziger Jahren gilt es vor allem, die Berliner Kleingärten in ihrem Bestand zu sichern und allen Bestrebungen entgegenzutreten, Gartenland für Industrie-, Wohnungs- und Verkehrsbauten in Beschlag zu nehmen. Mitglieder unseres Vereins beteiligen sich an dazu durchgeführten Demonstrationen und Kundgebungen.


    Von weitreichender Bedeutung ist, dass in dem von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz vorgelegten und vom Berliner Abgeordnetenhaus am 23. Juni 1994 beschlossenen Flächennutzungsplan unsere Anlage als Kleingartenfläche ausgewiesen wird.


    Eine große Aufgabe sind die Erneuerung der Wasserleitungen sowie der Einbau eigener Wasserzähler in den Parzellen in den Jahren 1991 bis 1995. Diese Arbeiten erweisen sich als notwendig, da durch die Bodenbewegungen, verursacht durch die Schwankungen des Grundwasserstandes, die alten Gussrohre oft wegbrechen und nicht mehr auf Dauer repariert werden können.


    Diese Problematik - Schwankungen des Grundwasserstandes bis zu Vernässungen und Überschwemmungen vieler Parzellen - prägt in unterschiedlichem Maße und in bestimmten Abständen die Geschichte unserer Anlage von Beginn an. Seit den achtziger Jahren haben wir es mit partiellen Überschwemmungen in den Wegen 1 und 4 und mit Vernässungsschäden in weiteren Parzellen des Abschnitts I, aber auch des Abschnitts II zu tun, die uns über die Jahre recht große Sorgen bereiten. Diese Überschwemmungen und Vernässungen machen uns vor allem 1987/1988 und noch mehr von 1994 bis 2000 und wiederum 2004/2005 zu schaffen. Sie treten auf, wenn die Brunnengalerie an der Rummelsburger Straße und der Straße An der Wuhlheide abgeschaltet ist. Um mit diesen Schwierigkeiten und Belastungen fertigzuwerden sind vielfältige Aktivitäten, viel Zeit und Kraft notwendig: Wir tragen unsere Anliegen an das Bezirksamt Berlin-Lichtenberg heran und erreichen, dass sie auch Gegenstand von Beratungen der Bezirksverordnetenversammlung werden. Wir wenden uns an das Wasserwerk Wuhlheide, an die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz, an den Petitionsausschuss der Berliner Stadtverordnetenversammlung und - was sich als sehr wirksam erweist - wir bringen unsere Sorgen und Erwartungen in die Presse . Dabei erfahren wir vom Bezirksverband Lichtenberg der Gartenfreunde unter seinem Vorsitzenden Dr. Manfred Weiß jede diesem mögliche Unterstützung. So findet am 26. Februar 1996 eine Besichtigung der unter Wasser stehenden Parzellen mit Bezirksbürgermeister Dr. Wolfram Friedersdorff und Vertretern anderer beteiligter Stellen statt. Und das ist nicht die einzige Vor-Ort-Begehung. Mancher wird sich noch der Mitgliederversammlung am 13. Februar 1999 mit dem Vorsitzenden des Bezirksverbandes Dr. Weiß und mit Baustadtrat Andreas Geisel vom Bezirksamt Lichtenberg erinnern, über deren lebhaften Verlauf der „Berliner Gartenfreund“ unter dem Titel „ Das Wasser sinkt, doch die Wogen sind noch lange nicht geglättet. Lichtenberger Kleingärtner von ‚Stallwiese’ zwischen Bangen und Hoffen “ ausführlich berichtet. Von erheblicher Wirkung ist, dass auch andere Berliner Kleingartenanlagen unter Vernässungen leiden, wir also mit unseren Sorgen nicht allein stehen. Alle diese Aktivitäten tragen entscheidend dazu bei, dass der Fortbestand unserer Anlage bestätigt wird, unsere Interessen als Kleingärtner einvernehmlich in hohem Maße Berücksichtigung finden und entsprechende Maßnahmen durchgeführt werden können. So erfolgt der Abriss der Baulichkeiten auf den Parzellen 27 und 29 und übernehmen wir die Obhut und Pflege über dieses Terrain.


    Für insgesamt 18 Parzellen wird für die Jahre mit Vernässungsschäden die Pacht ganz oder teilweise erlassen.


    Belastend wirkt zunehmend der Anstieg laufender Ausgaben: Die Pacht hat 1992 noch 0,1746 DM pro Quadratmeter und Jahr betragen, im Jahr 2002 wird sie auf 0,3571 Euro umgestellt, seitdem bleibt sie bis heute unverändert. Für Strom haben wir 1993 0,25 DM pro kWh zu zahlen, von 0,1167 Euro im Jahr 2002 steigen die Kosten dafür auf 0,15 Euro im Jahr 2006. Eine beträchtliche Erhöhung vollzieht sich bei den Aufwendungen für Wasser. 1993 kostet ein Kubikmeter 2,25 DM, von 2002 bis 2006 steigt sein Preis von 1,887 Euro auf 2,18 Euro. Während der Vereinsbeitrag in Höhe von 36,81 Euro in den Jahren 2002 bis 2006 konstant bleibt, verändert sich der Verbandsbeitrag im gleichen Zeitraum von 37,73 Euro auf 39,12 Euro.


    In den letzten Jahren verzeichnen wir auf einigen Parzellen zum Teil erhebliche Schäden durch Wildschweine.


    Spätestens Anfang des neuen Jahrhunderts müssen wir erkennen, dass die Zukunft unseres Vereins und unserer Gärten unmittelbar davon abhängig ist, ob es gelingt, Nachfolger für einige der wichtigsten Funktionen zu gewinnen. Wir kommen nicht umhin, dem Wunsch unseres langjährigen 1. Vorsitzenden Manfred Ruschke zu entsprechen, ihn von seiner Funktion zu entbinden. Karl-Heinz Ende, von 1980 bis 1998 unser Kassierer, verlieren wir durch seinen plötzlichen Tod 1999. Unser Schriftführer Manfred Hamann legt aus gesundheitlichen Gründen seine Funktion nieder, im März 2006 verstirbt er. In dieser schwierigen Situation, als es um Fortbestand oder Auflösung der Anlage geht, springen Frauen in die Bresche: Martina Wetzel erklärt sich bereit, die Funktion der 1. Vorsitzenden zu übernehmen, ebenso Liane Stegemann, die bereits seit 1998 als Kassiererin fungiert und die damit verbundene umfangreiche Arbeit bewältigt - zusätzlich zu ihrer beruflichen Tätigkeit. Und schließlich kann Gabriele Mlodozeniak als Schriftführerin gewonnen werden. Den genannten Gartenfreundinnen ist es zu danken, dass wir im Frühjahr 2004 nicht in die Liquidation gehen müssen.


    Erhebliche Veränderungen haben sich in der Zusammensetzung unserer Mitgliedschaft vollzogen. Im Jahr 2005 beträgt das Durchschnittsalter der Mitgliedschaft 59 Jahre, etwa 39 Prozent sind Rentner und eine ganze Reihe erwerbslos. 12 Prozent der Mitglieder gehören seit 1981 zu uns, 25 Prozent seit 1991. So vollzieht sich seit den letzten Jahren ein Generationenwechsel.

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